Sag’s doch einfach – oder: deine Fremdsprache ist noch kein Wolkenkratzer

In unserer Englisch-Whatsapp-Übungsgruppe bilden die Teilnehmer jeden Tag eigene Sätze um auf Englisch zu berichten, was sie gerade kochen, wen sie getroffen haben oder was sie Spannendes am vorigen Tag gemacht haben. So lange die Gedanken, Tätigkeiten und Sätze ganz einfach sind, klappt das prima.

Aber was passiert mit komplexeren Sätzen?

Meiner Teilnehmerin, nennen wir sie Anja, ist das passiert, womit jede Fremdsprachenlernerin (ich gendere, bei mir sind nur Frauen) immer und immer wieder zu kämpfen hat. Sie wollte einen Satz auf Englisch formulieren, hat aber kapituliert und dann auf Deutsch weitergemacht, weil er ihr zu schwer war. Warum? Weil sie versucht hat, ihren komplexen deutschen Gedanken genau auf Englisch zu übersetzen. Kennst du das? Du willst etwas sagen, hast etwas im Kopf und jetzt fehlen dir sowohl die Wörter als auch die Grammatik, um es richtig auf Englisch zu sagen. Oder du bringst den Satz sogar raus, aber dann ist er total falsch.

Fremdsprachen lernen ist wie Häuser bauen

Was ist passiert? Lass mich die beiden Fremdsprachen, nehmen wir mal Deutsch und Englisch, mit 2 Häusern vergleichen.

Deutsch ist deine Muttersprache. Du hast im Lauf deines Lebens dabei immer mehr Ausdrücke gelernt, du kennst auch Fremdwörter und kannst natürlich als Muttersprachlerin auch komplizierte Grammatik. Kurzum, du kannst komplexe Gedanken leicht und locker auf Deutsch ausdrücken, indem du elegantes Vokabular und korrekte Grammatik verwendest. Du hast dir somit auf Deutsch einen ganzen wunderschönen und eleganten Wolkenkratzer gebaut.

Bau ein Stockwerk nach dem anderen

Weißt du schon, worauf ich hinauswill? Genau, in deiner Fremdsprache bist du noch am Anfang, da steht vielleicht erst der Keller, und jetzt musst du Stockwerk für Stockwerk darauf bauen. Das bedeutet aber auch, dass du nicht von deinem Deutsch-Hochhaus einfach zu deinem Englisch-Haus springen kannst, indem du Wort für Wort übersetzt. Du stürzt unweigerlich ab. Die Strukturen und den Wortschatz kennst du meistens gar nicht, das heißt, du bleibst stumm und sagst einfach gar nichts (so wie Anja in meiner Gruppe) oder sagst es auf Deutsch. Wenn du doch einzelne Wörter schon kannst, dann werden die auf Englisch garantiert anders zusammengebaut. Das heißt dein Satz wird komplett falsch und man versteht ihn vielleicht nicht.

Was ist nun die Lösung?

Ganz einfach, wenn du einen Satz in deiner Muttersprache denkst, dann musst du erstmal von deinem Wolkenkratzer runter. Das bedeutet, komplexe Gedanken einfacher denken. Und dann in das Haus nebenan gehen, soweit du da eben schon gebaut hast, und zwar auf der Treppe.

Wie das genau aussehen kann?

Du möchtest sagen: „Ich kann deine Ansicht in diesem Punkt nicht teilen“. Aber was heißt Ansicht und was heißt teilen? Runter vom Wolkenkratzer, denk einfacher auf Deutsch, du könntest z.B. sagen: „Ich denke anders“. Und schon bist du im Keller oder im ersten Stock: I think different. Oder: I don’t think so.

Noch ein Beispiel: Ich freue mich so, dass du mir geholfen hast. Könntest du den auf Englisch sagen? Viele scheitern daran, dass sie nicht wissen was „Ich freu mich“ heißt. Beiß dich nicht an dem Ausdruck fest. Denk um und sag doch einfach: Thank you for your help!

Merkst du was?

Ganz viel hängt in der Fremdsprache davon ab, wie sehr du es schaffst, deine Gedanken in der Muttersprache einfacher auszudrücken. Das ist am Anfang noch schwer, aber mit der Übung wird es irgendwann ganz leicht. Auf alle Fälle lernst du es leichter, als schnell einen Wolkenkratzer in deiner Fremdsprache zu bauen. Dann kannst du auch schon mit einem verhältnismäßig geringen Wortschatz relativ flüssig sprechen.

Kannst du dich damit anfreunden?

Wichtig dabei ist nur, dass wir akzeptieren, dass wir in der Fremdsprache etwas „dümmer“ klingen, als in unserer Muttersprache. Aber jeder vernünftige Mensch, mit dem du dich unterhältst, wird merken, dass deine einfache Ausdrucksweise nicht mit einem niedrigen IQ zu tun hat, sondern mit deinem Level in der Fremdsprache. Und wenn dein Gesprächspartner das nicht versteht, dann ist er es nicht wert, dass du dich mit ihm unterhältst.

Wenn du auch lernen möchtest, auf Englisch „Einfach zu sprechen“, dann komm in meinen Englischkurs für Frauen (Level A1).

Weitere wertvolle Tipps zum Sprachenlernen bekommst du auch in meiner Formel zum Sprachenglück.

  • Ich muss schon sagen, Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Mir geht es tatsächlich genauso wie Anja und freue mich, so viele Hilfestellungen von dir zu bekommen.

  • Liebe Diana, dein Beitrag regt mich zum Umdenken an. Ich versuche immer, meinen Satz im Kopf genau ins Englische zu übersetzen und scheitere an den Vokabeln. Ich werde in Zukunft deinen Rat befolgen und mich im Kopf an mein Level anpassen.
    Bietest du denn außer Montags noch weitere A1 Kurse an? Ich habe großes Interesse.

    • Liebe Jana, vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, das ist am Anfang eine Umstellungssache, aber wie gesagt, es geht schneller, sich in Gedanken an das Level anzupassen als die Fremdsprache zu lernen. Deshalb ist das eine gute Strategie. Du könntest am Mittwoch Abend in den Übungskurs kommen. Weitere Kurse gibt’s vermutlich im März. Du hast ja meine Sprachlernbriefe abonniert, da bleibst du auf dem Laufenden.

  • Diana, ich finde mich in dem Artikel auch wieder. Auch ich bin noch eine „Anja“. Aber Dank deiner tollen Tipps wird es immer besser.

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    Ich bin Diana Selig, Sprachlerncoach

    Diana Selig

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