Frau in oranger Bluse sitzt im Grünen. Davor steht groß mit schwarzer Schrift in weißem Kasten: Aus Fehlern lernen - so wird aus der 5 in Englisch doch noch was Gutes"

Dein Kind bricht mittags nach der Schule in Tränen aus, legt dir wortlos seine Englischarbeit auf den Tisch und schließt sich in seinem Zimmer ein.

Eine 5 !

Und das wo ihr so viel zusammen geübt habt. Du kannst es kaum glauben und würdest am liebsten mitheulen. Du willst die Klassenarbeit (bei uns in Bayern heißt die Schulaufgabe) gleich mit ihm durchgehen, schauen was schief gelaufen ist. Doch dein Kind weigert sich vehement: „Englisch ist blöd. Ich versteh das alles nicht und lern das eh nie!“ 😢

Verständlich dass dein Kind sich so äußert und die Arbeit nicht mehr sehen mag! Schlechte Noten machen etwas mit unseren Kindern. Sie legen sich wie dunkler Nebel auf die Seele und führen dazu, dass dein Kind sich unzulänglich und als Versager fühlt.

Manche Kinder nehmen schlechte Zensuren auch scheinbar gelassen hin und sagen dann: „Englisch ist mir eh egal.“ Aber das stimmt nicht. Kein Kind will schlechte Noten haben. Diese Äußerungen sind reiner Selbstschutz, damit die Belastung sich nicht ganz so schlimm anfühlt.

Noten sind schlimm. Es sollte sie gar nicht geben. Doch das ist in unserer Leistungsgesellschaft undenkbar. 💪

Wenn dein Kind auf die Regelschule geht, dann sind die Noten leider da und der nächste Test wartet schon wieder. Also sollte dein Kind das Beste aus der 5 machen und schauen, was es daraus lernen kann.

Das geht indem ihr die Klassenarbeit gemeinsam analysiert. Wie du dabei ganz einfach Schritt für Schritt vorgehst beschreibe ich dir in diesem Artikel. Wenn du die Tipps konsequent mit deinem Kind anwendest, dann wird sich die 5 in Englisch schon bald in eine 4 oder eine 3 verwandeln!

Lass deinem Kind Zeit

Wenn dein Kind jetzt nicht reden will oder die Probe nicht anschauen will, dann lass es. Es muss erst einmal zur Ruhe kommen und seine Gefühle verarbeiten. Momentan fühlt es sich unglücklich und frustriert. Kein Kind will seine Eltern enttäuschen. Doch das fürchtet es, sobald es die 5 vorzeigen muss, auch wenn es weiß, dass du nicht mit ihm schimpfst.

Vor allem im ersten Jahr auf der weiterführenden Schule ist eine schlechte Note eine richtige Qual für dein Kind, weil es das wahrscheinlich aus der Grundschule noch nicht kennt. Dieses Gefühl des Versagens. Nicht gut genug zu sein. 😪

Wenn dein Kind dich lässt, dann nimm es einfach in den Arm und tröste es. 💕 Ansonsten gib ihm Zeit und warte bis es sich von selbst wieder ein bisschen beruhigt hat. Erst einige Zeit später, wenn dein Kind bereit ist, vielleicht auch erst am nächsten Tag, schaust du mit ihm die Arbeit an.

Nur durch Fehler kann man lernen

Viele Kinder möchten das gar nicht, sie möchten die Note, die vielen Rotstift-Korrekturen nicht mehr sehen. Manchmal gibt es auch ungeschickte Kommentare vom Lehrer – „Du musst deine Vokabeln besser lernen“. Doch dein Kind hat ja schon mehr gelernt als seine Klassenkameraden!

Ein Ausschnitt aus einer Klassenarbeit, man sieht den Lehrerkommentar: Du musst dir die Grammatik besser ansehen!

Diese Lehrerkommentare (oben) bringen leider wenig. Der Schüler weiß nicht, was er konkret machen soll, vermutlich lernt er schon mehr als die Klassenkameraden. Bei der 5 rechts beweist die Lehrerin Einfühlungsvermögen.

Ein Ausschnitt aus einer Klassenarbeit, man sieht den Lehrerkommentar: Nicht traurig sein!

Es wäre eine vertane Chance, die Probe nicht zu analysieren. Mach deinem Kind deutlich, dass Fehler wichtig sind im Lernprozess. Nur durch Fehler kann es lernen.

Wenig ist auf dieser Welt in nur einem einmaligen Versuch entstanden. Viele berühmte Erfinder haben hunderte, wenn nicht tausende Versuche gebraucht, bis sie ihr Ziel erreicht hatten. Es wird erzählt, dass Edison 9000 Versuche brauchte, bis er die Glühbirne 💡 zur Marktreife entwickelt hatte. Ein Mitarbeiter sprach nach 1000 Versuchen vom Scheitern. Aber Edison wusste, dass er durch Fehler lernt, sich verbessern kann und nicht aufgeben darf. Und schließlich hat er es doch geschafft.

Das kannst du deinem Kind auch vermitteln: Wenn es aus seinen Fehlern lernt, nicht aufgibt und konsequent dran bleibt, dann wird es sich verbessern! Es ist nämlich nicht zu dumm, wie es jetzt vielleicht glaubt. Es braucht einfach nur die richtige Strategie, ein bisschen Geduld und den Glauben an sich selbst.

Der beste Start in die Analyse einer Klassenarbeit liegt aber nicht bei den Fehlern sondern bei dem was dein Kind richtig gemacht hat.

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Zeige deinem Kind was es schon kann

In der Arbeit ist alles rot, was falsch ist. Aber kaum jemals etwas grün was richtig ist. Das ist so schade, da wird eine große Chance vertan. Das sieht bei einer 5 so aus, als ob dein Kind gar nichts kann. Das ist nicht so! Sogar bei einer 6 gibt es immer etwas, was richtig ist! Du kannst davon ausgehen, dass alles was nicht rot ist korrekt ist. Markiere diese Stellen mit grün, indem du sie einkreist oder unterstreichst. Das können einzelne Wörter sein oder ganze Sätze.

Ein englischer Diktattext mit vielen Fehlern die rot markiert sind.

Eine Klassenarbeit, 5. Klasse Gymnasium, bewertet mit 0 von 10 Punkten aufgrund der 22 Fehler. Hier sieht man nur „rot“!

Ein englischer Diktattext. Die richtigen Wörter sind grün eingekreist.

Dieselbe Arbeit, diesmal von mir mit grün korrigiert. Obwohl es keine Punkte gab sind doch viele Wörter richtig!

Sowohl du als auch dein Kind werden erleichtert sein, dass es durchaus Dinge gibt, die es richtig gemacht hat. Das mildert die Last und den Frust enorm und die Welt sieht schon wieder freundlicher aus. Falls dein Kind die Arbeit gar nicht mehr sehen will hast du hier einen Ansatzpunkt. Mach das allein und zeig ihm als Erstes nur was alles richtig war. 😀

Zeige deinem Kind auch, wieviel Punkte es hat. Oft sind das gar nicht so wenig. Mit einem Drittel der Punkte gibt es meist schon eine 5. Das heißt dein Kind hat vielleicht 18 von 60 Punkten. Das ist gar nicht so wenig, das muss man ja auch erst mal schaffen und darauf kann man dann aufbauen!

Punkteverteilung je nach Aufgabe

Nach der Grünstiftkorrektur schaust du dir die Punkteverteilung in jeder einzelnen Aufgabe an. Meistens gibt es Aufgaben wie Leseverständnis, Hörverstehen, Lückentext, Grammatik, Wortschatz, Mediation, Guided Writing (Geleiteter Aufsatz). Gibt es Kategorien, wo dein Kind überdurchschnittlich viele oder unterdurchschnittlich wenige Punkte hat? Überlege, woran das liegen könnte. Ein Gespräch mit deinem Kind hilft hier weiter.

Hat es die Aufgabe nicht verstanden? Hat es eigentlich gewusst, was zu tun ist, aber eine falsche Zeitform verwendet? Konnte es die Vokabeln zu Hause, aber nicht im Lückentext? Hat es den Hörverstehens-Text nicht verstanden? Konnte es im Guided Writing keine korrekten Sätze bilden? Je nachdem wie die Antworten hier ausfallen kannst du beim Üben ansetzen, indem du mit deinem Kind die jeweilige Aufgabenform trainierst.

Oder anders herum: War dein Kind irgendwo besonders gut? Hat es viele Punkte in der Grammatik oder im Vokabelteil? Hat es den Lesetext gut verstanden? Gute Ideen im Aufsatz gehabt? Das sehe ich nämlich oft, wenn ich schlechte Noten analysiere. Die Punkte sind extrem unterschiedlich verteilt.

Ausschnitt aus einer Klassenarbeit. In einer Aufgabe hat das Kind 0 Punkte bei einer anderen 4 von 4.

Realschule, 5. Klasse. Bei Aufgabe 10 (Fragen formulieren) tut sich das Kind sehr schwer. Es hat 0 Punkte. In Aufgabe 11 hat es gezeigt, dass es Grammatik gut auswendig lernen und dann auch anwenden kann.

Zeige deinem Kind, wo es viele Punkte gesammelt hat. Überlege mit ihm zusammen woran das liegt. Hat es besonders viel Vokabeln gelernt? Viele Grammatikübungen gemacht? Seine Lektionstexte durchgelesen? Strategien, die in einem Bereich schon mal zu einem (kleinen) Erfolg geführt haben, kann man auf andere Bereiche übertragen.

Stärken stärken ist oft besser

Manchmal kann es auch sinnvoller sein, Stärken zu stärken anstatt zu viel Zeit mit Dingen zu verlieren, die sowieso nicht hängenbleiben wollen.

Vor kurzem hab ich eine Schulaufgabe von einem Kind analysiert, das große Probleme beim Grammatik-Verständnis hatte, aber dafür gut auswendig lernen kann. Es macht dann wenig Sinn auf Teufel komm raus hauptsächlich die Formen von „to be“ und die Possessivpronomen zu üben, oder so wie in dem Bild oben die Fragestellung. Vielleicht ist das Gehirn einfach noch nicht so weit, um diese abstrakten Formen verstehen und verinnerlichen zu können. Mit durchschnittlich 12 Jahren macht die Gehirnreife (nach dem Stufenmodell von Piaget) nämlich noch einen Entwicklungsschritt durch und viele Kinder können erst danach diese abstrakten Inhalte besser verarbeiten. Bei Kindern mit LRS erfolgt dieser Entwicklungsschritt oft noch später.

Ich beobachte das vor allem bei allen Arten von Pronomen (I, me, my, she, her, he, him, his, they, them) . Was hab ich die mit 5. Kläßlern bis zum Erbrechen geübt, ohne großen Erfolg in der Probe. Danach standen andere Themen im Vordergrund. Und siehe da, auf einmal, in der 6. oder 7. Klasse haben diese Pronomen dann auf einmal geklappt, ohne dass wir sie wieder so exzessiv üben mussten. Da das sehr abstrakte Themen sind, die viele Kinder richtig fertig machen, wäre ich dafür wenn so etwas gar nicht prüfungsrelevant wäre.

Wenn du also merkst, dass etwas gar nicht recht in den Kopf will, dann versteife dich nicht darauf. Du solltest das Thema zwar schon noch mit deinem Kind ein kleines bisschen üben, denn ganz von allein kommt es auch nicht in den Kopf. Aber es sollte nicht zum K(r)ampf werden. Z.B. kannst du wichtige Themen wie die Formen von „to be“ jeden Tag spielerisch und gelassen mit 3 Formen abfragen. Eine Minute und fertig. 😉

Für die nächste Probe ist es dann besser, die Stärken deines Kindes auszubauen und sich z.B. darauf zu konzentrieren, Wortschatz, Grammatik und einzelne kleine Sätze auswendig zu lernen. Das bringt mehr Punkte als wenn es jeden Satz mit Hilfe von Grammatik, die es nicht beherrscht selbständig konstruieren muss und schnellere Erfolgserlebnisse. Die Grammatik zu beherrschen ist dann eine langfristige Strategie.

Fehlerkategorien und häufige Fehler

Innerhalb der einzelnen Aufgaben unterteilst du die Fehler am einfachsten in Wortschatzfehler und Grammatikfehler.

Bei den Wortschatzfehlern kannst du unterscheiden in: „Wort nicht gewusst“ oder „Wort falsch geschrieben“. Die Grammatikfehler kannst du in Grammatikkategorien unterteilen, so wie sie in der Schule gelernt wurden (he/she/it das s muss mit), Form von „to be“ Possessivpronomen, If-Satz-Regeln, etc. Mach einfach eine Strichliste und schau, wo die häufigsten Fehler sind.

Dann beginn mit deinem Kind der Reihenfolge nach an den Fehlern zu arbeiten, begonnen bei den häufigsten, weil der Hebel bzw. die Chance auf Verbesserung da am größten ist.

Eine englische Klassenarbeit. Fehler im Simple Past sind orange eingekreist.

Bei den Rechtschreibfehlern würde ich die Fehler, die aufgrund des Rechtschreibschutzes bei LRS nicht zählen auch nicht mit in die Liste aufnehmen. Sonst wird die Analyse zu kompliziert.

Bei den Rechtschreibfehlern würde ich die Fehler, die aufgrund des Rechtschreibschutzes bei LRS nicht zählen auch nicht mit in die Liste aufnehmen. Sonst wird die Analyse zu kompliziert.

Fehlerlisten zum Üben

Wenn du (bzw. dein Kind) ein Statistik-Fan bist, kannst du eine Liste erstellen mit den Fehlerarten und die Wörter (richtig) eintragen oder Striche machen. Dann habt ihr einen sehr guten Überblick, allerdings ist es auch relativ viel Aufwand. Bei meinen Schülern hat sich eine Fehlerliste bewährt mit 2 Spalten. Links steht die „Aufgabe“. Also z.B. ein Satz mit einer Lücke oder ein deutsches Wort. Rechts steht das richtig geschriebene Wort bzw. der korrekte Satz. Dabei kann die Fehlerstelle markiert sein. Falls also z.B. das he/she/it-s vergessen wurde, kann das farbig eingekreist werden.

Wenn es zu viele Fehler sind, dann bietet sich an mit der Kategorie zu beginnen, in der die häufigsten Fehler begangen wurden.

So macht dein Kind beim nächsten Mal weniger Fehler

Es bringt nichts, wenn diese Fehleranalyse nur einmal gemacht und dann wieder vergessen wird. Wenn die Fehler besprochen oder notiert sind, sollten die betreffenden richtigen Wörter oder Sätze immer wieder wiederholt werden. Vor allem natürlich auch vor der nächsten Klassenarbeit.

Dein Kind weiß jetzt, welche Art von Fehler es häufig macht. Es kann sich nun eine kleine Erinnerung machen, vielleicht ein Post-it auf den Schreibtisch kleben: „Achtung: don’t/ doesn’t“. Oder: „Hilfsverb in der Frage!“ Und dann bei jeder Übung die es macht darauf achten, dass es diese Fehlerkategorie vermeidet.

So ein kleines Post-it kann dein Kind zu seinen häufigsten Fehlern machen und sichtbar aufbewahren.

Das kann es auch in der Klassenarbeit tun. Wenn es weiß, es schreibt immer wieder don’t statt doesn’t in der 3. Person, dann kann es gleich zu Beginn der Probe einen kleinen Bleistiftvermerk machen und jede Verneinung daraufhin überprüfen. Fehler werden nämlich kaum durch allgemeines Durchlesen gefunden, man muss dem Gehirn einen konkreten Auftrag geben.

Wenn du mit deinem Kind diese Punkte durchführst, dann werdet ihr in der Familie sicherlich in Zukunft gelassener mit einer schlechten Note umgehen können, denn dein Kind kann aus seinen Fehlern lernen und sich verbessern. Es muss sich nur darauf einlassen und nicht die Augen verschließen.

Und falls du jetzt meine Hilfe benötigst für die Analyse einer Klassenarbeit, dann schau dir doch mal mein Angebot an: Hier geht es zur Probenanalyse.

Ich wünsche dir und deinem Kind viel Erfolg damit!

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